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HR-Management der Zukunft - Ein Interview mit Hermann Troger

Veröffentlicht:

5. Januar 2022

Aktualisiert:

24. Mai 2023

Hermann Troger ist renommierter HR-Experte, Autor und Dozent aus Südtirol. Mit seiner langjährigen Erfahrung im Top-Management international tätiger Unternehmensgruppen und seiner umfassenden Expertise im HR-Bereich hilft er heute Unternehmen und Personalmanagern, verschiedenste Herausforderungen dieses New Work zu meistern. Vor Kurzem erschien sein jüngstes Buch, “Human Resource Management in a Post COVID-19 World”. Wir haben Herrn Troger über sein Buch und noch mehr befragt!

1. Für wen ist Ihr Buch und wann beginnt die post-covidische Zukunft?

Mein Buch richtet sich an alle, aber vor allem an Praktiker:innen, die sich mit Personalmanagement beschäftigen. Ich war mit dem Buch recht früh dran, da ich im Dezember 2020 fertig geschrieben hatte und wir alle dachten, dass die Pandemie Mitte des Jahres 2021 vorbei sein würde. Nichtsdestotrotz sind alle Aussagen und Erkenntnisse jetzt genauso gültig.

Konkret geht es darum, dass wir in der sogenannten VUCA-Welt leben. Die heutige Arbeitswelt ist seit einem Jahrzehnt geprägt durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Die Covid-19-Pandemie ist nichts anderes als eine Verstärkung, ja Potenzierung, dieser VUCA-Welt.

Was früher wichtig war, wurde marginal und was einmal für unmöglich gehalten wurde, wurde nun möglich. So geschah es beispielsweise mit dem Home-Office, welches alltäglich für viele von uns wurde. Alle Meetings mussten und konnten online abgehalten werden. Dies ist ein destruktiver Moment im Prozess, der die VUCA-Welt ausmacht.  

Allerdings bedeutet es nicht, dass Unternehmen auf einmal New Work praktizieren. Was 2021 passiert ist, war erstmal eine Reaktion auf eine Extremsituation. Ein neues „New Normal“ wird sich erst später einpendeln. Viele Aspekte dieser Corona-Zeit werden weiterhin bestehen bleiben, vieles wird sich auch wieder relativieren (Beispiel Home-Office),

2. Was meinen Sie mit "Ich-Perspektive"?

Wir befinden uns in einer zunehmend individualisierten Arbeitswelt. Der einzelne Mitarbeitende, der individuelle Mensch, rückt immer stärker in den Fokus. Die Generationen X, Y oder Z sind Schubladen, deren Bedeutung sich immer mehr relativiert. Im Grunde geht es um die Erwartungen der Einzelpersonen, welche aufgrund von Machtverschiebungen ihre Interessen in der Arbeitswelt immer mehr durchsetzen können.

Ein Personalleiter hat vor fünf Jahren auf eine offene Arbeitsstelle vielleicht 10 Bewerbungen erhalten. Die Standardantwort lautete: „Wir schauen uns noch die anderen Bewerbenden an und melden uns dann bei Ihnen“. Heutzutage ist es das genaue Gegenteil. Personalleiter fragen vorsichtig nach, wann sie mit einer Entscheidung der Bewerber rechnen können.

Auch die durchschnittliche Verweildauer von Mitarbeitenden in einem Unternehmen sinkt. Früher waren es 7 - 8 Jahre, nun sind es nur noch 2 - 3 Jahre. Erhält er keine Gehaltserhöhung, sucht sich der Mitarbeitende schnell einen anderen Arbeitgebenden. Wir haben uns von einer Arbeitgebenden-Welt hin zu einer Arbeitnehmenden-Welt entwickelt. Die Einzelperson hat viel mehr Gewicht und kann sich stärker durchsetzen.

3. Die Generation Z startet gerade durch in der Arbeitswelt. Wie können Unternehmen für die Gen Z attraktiv werden und bleiben?

Die Generation Z möchte Sicherheit. Das klingt erstmal nach einem Widerspruch, da die Generation gleichzeitig natürlich auch viel Spaß, Geld und Freizeit haben möchte. Aber das alles am besten auf der Basis eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Im Gegensatz zur Generation Y will die nächste Generation keine Vermischung zwischen Privat- und Arbeitsleben, sondern eine klare Trennung – einen klassischen 9-to-5 Job. Sie brauchen auch keine langfristige Karriereplanung, denn sie gestalten die Karriere lieber selbst. Also neben der Sicherheit braucht die Generation Z vor allem eines: Freiraum. Aber auch hier nützt das Schubladendenken wenig: Damit die Unternehmen attraktiv werden und bleiben, sollten sie möglichst individuell auf die einzelnen Personen eingehen, ihre Bedürfnisse ernst nehmen, Interessen herausfinden und fördern. 

4. In Ihrem Buch geht es auch darum, dass New Work nicht nur Thema der Personalabteilungen sein kann und darf. Wie können Personalleiter sicherstellen, dass New Work alle angeht?  

Die Personalabteilung muss zuallererst Vorbild sein, Methoden und Tools zur Verfügung stellen sowie die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt aufzeigen. In allen Phasen des Personalmanagement-Prozesses, von der Beschaffung, dem Personaleinsatz, Gehaltsgesprächen bis hin zu Weiterbildungen, sollten die Personalverantwortlichen eng mit den Vorgesetzten der Mitarbeitenden zusammenarbeiten. In meinem Buch benenne ich dieses Zusammenspiel zwischen Personalabteilung und Linienführungskräften auch den “Schulterschluss”, der für wirksames Personalmanagement unumgänglich ist.

5. Sie stehen als Berater in Kontakt mit vielen Unternehmen. Ganz konkret, was sehen Sie als die größten Herausforderungen, welche Unternehmen im New Work bewältigen müssen?

Die größte Schwierigkeit für Führungskräfte heute ist das Führen auf Distanz, aber auch die richtige Abstimmung zu finden zwischen der Delegation von Aufgaben und dem Geben von Verantwortung. Ebenso ist das angemessene Coaching der Mitarbeitenden wichtig, damit sie Freude daran haben, gleichzeitig Sparring-Partner zu werden und Eigenverantwortung zu übernehmen.  

Eine weitere Herausforderung ist, in einer globalen und diversifizierten Arbeitswelt Homogenität herzustellen. Diversität wird heute immer mehr gefordert und gefördert. Wenn Mitarbeitende aus unterschiedlichen funktionalen Bereichen, Kulturen und Altersgruppen kommen, bedeutet dies in der Regel Innovation und Performance. Andererseits erschwert aber genau dieser Umstand die Herstellung von Homogenität und die Entwicklung einer gemeinsamen Unternehmenskultur. Homogenität und Zugehörigkeitsgefühl sind wichtige Elemente für eine langjährige Mitarbeiterbindung. Unternehmen müssen versuchen, diese Homogenität über gemeinsame Werte zu schaffen.

6. Welche positiven Beispiele für gelungenes Personalmanagement können Sie spontan nennen?

Da gibt es viele. Ich weiß z.B. von einem Unternehmen, das seinen Mitarbeitenden zu Beginn des Corona bedingten Home Workings jeweils 1000€ zur Verfügung gestellt hat, damit sie ihr Arbeitsplatz zuhause individuell einrichten konnten. Jedes Unternehmen muss selbst schauen, womit sie ihre Leute motivieren können. Am besten ist es hier, die Belegschaft zu fragen, was gefällt oder was verändert werden sollte. Eine gute Frage wäre zum Beispiel: Was müssten wir tun, damit du unsere Firma auch einem Freund empfehlen würdest? Also Employer Branding nach innen als Schlüssel zum Erfolg.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Troger. Wenn ihr mehr über das Personalmanagement der Zukunft lesen möchtet, könnt ihr das Buch hier finden.

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HR-Management der Zukunft - Ein Interview mit Hermann Troger

Julia

Julia Dejakum ist eine erfahrene Marken- und Marketingmanagerin mit Spezialisierung auf hybride Arbeitslösungen. Sie ist bekannt für ihre innovativen Strategien und verbindet gekonnt Markenentwicklung mit den Nuancen von Remote- und persönlichen Arbeitsumgebungen.

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